Kohle besteuern

Der 64jährige Professor für Energie und Umweltpolitik am University College London (UCL) und UNEP-Preisträger Paul Ekins plädiert in einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung dafür, dass ” mehr als 80 Prozent der verbliebenen Kohle nicht verbrannt werden dürfen”, wenn wir die Zwei-Grenze nicht überschreiten wollten. Gabriels Vorschlag einer moderaten Besteuerung alter Braunkohle-Kraftwerke hält Ekins für “eine ebenso glaubwürdige wie sinnvolle Blaupause”.

Weil Deutschland sein international sehr beachtetes Ziel, den CO2-Ausstoß bis 2020 gegenüber 1990 um 40 Prozentzu senken, zu verfehlen drohe, komme die Bundesregierung nicht umhin, “die Verstromung von Kohle, in erster Linie von Braunkohle, zu reduzieren”. Wenn Deutschland sich dafür entscheide – und Ekins lobt Gabriel für seinen Vorschlag, denn die deutsche Regierung habe sich “wissenschaftlichen Einsichten auf diesem Gebiet nie verweigert” –  werde das weithin wahrgenommen und die Führungsrolle Berlins stärken. Denn laut Ekins ist dieses Jahr “für den Klimaschutz eminent wichtig” – er spielt vor allem auf die Klimakonferenz in Paris an. In seinen Augen führt kein Weg an einem Ausstieg aus der Kohle vorbei – die Logik dafür sei “in Deutschland ebenso wie im Rest der Welt unerbittlich”.

Nun habe Deutschland alle anderen Regierungen darauf verpflichtet, alles zu unternehmen, damit die Zwei-Grad-Grenze eingehalten werden könne, aber der derzeitige Emissionspfad führe bis 2100 zu einer Erwärmung vier oder gar fünf Grad. Nicht nur laut Ekins belegen Studien, dass wir über viel “mehr fossile Reserven verfügen, als wir jemals verbrennen dürfen” (unburnable carbon), sollten wir die Zwei-Grad-Grenze wirklich ernst nehmen. Dieses “Kohlenstoff-Budget” sei der Ausgangspunkt für ein Forschungsprojekt gewesen, das er am UCL geleitet und das untersucht habe, welche fossilen Vorkommen im Boden bleiben sollten.

Ekins hat seine Ergebnisse in Nature veröffentlicht: Ohne CCS- und CCU-Technologie – der Abscheidung, Lagerung und Nutzung von CO2 seien 90 Prozent der Kohle in Europa “unverbrennbar”.

 

 

Gewöhnliche Instinkte der Politiker unvereinbar mit Klima-Verpflichtungen
Ekins’ Abstract in Nature: “Die politischen Entscheidungsträger haben allgemein akzeptiert, dass der durch Treibhausgasemissionen verursachte globale Durchschnitts-Temperaturanstieg nicht mehr als 2° C über der globalen Durchschnitts-Temperatur der vorindustriellen Zeit liegen soll. Die Chance wird auf mindestens 50 Prozent geschätzt, dass die Erwärmung im 21. Jahrhunderts unter 2° gehalten werden kann. Dafür müssen aber die kumulierten Kohlenstoff-Emissionen zwischen 2011 und 2050 auf rund 1.100 Gt CO2 begrenzt werden.  Allerdings sind die in vorliegenden Schätzungen der weltweiten fossilen Reserven enthaltenen Treibhausgas-Emissionen etwa dreimal höher. Deshalb ist die unverminderte Nutzung aller aktuellen Reserven an fossilen Brennstoffen mit einer Erwärmungsgrenze von 2° nicht kompatibel…
Unsere Ergebnisse legen nahe, dass weltweit zwischen 2010 und 2050 ein Drittel der Ölreserven, die Hälfte der Erdgasreserven und über 80 Prozent der derzeitigen Kohlereserven nicht genutzt werden sollten, um dem Ziel von 2° gerecht zu werden. Wir zeigen, dass die Ressourcenförderung in der Arktis und die Steigerung der unkonventionellen Ölförderung im Zusammenhang mit diesen Bemühungen unzureichend sind, die durchschnittliche globale Erwärmung auf 2° C zu begrenzen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die gewöhnlichen Instinkte der politischen Entscheidungsträger, ihre gesamten territorialen fossilen Brennstoffe schnell und vollständig zu nutzen, in der Summe unvereinbar mit ihren Verpflichtungen gegenüber dieser Temperaturgrenze sind. Die Umsetzung dieses Politikengagements würde beträchtliche Ausgaben für die Exploration fossiler Energieträger überflüssig machen, da alle neuen Entdeckungen nicht zu einer erhöhten gesamtwirtschaftlichen Produktion führen würden.

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