Eine Agentenstory aus dem Hunsrück
Wolfgang Bartels, Hunsrück-Forum Nr. 20 April/Juni 1988
Es war einmal ein Top-Agent, der im offiziellen Auftrag diverser „Staatsschutz“-Behörden und Versicherungen die Kontakte zur Unterwelt herstellte. Er war in die Affäre um das „Celler Loch“ verwickelt, das Niedersachsens Ministerpräsident in die Gefängnismauer sprengen ließ, um einen Vorwand für die „Terroristen“-Hatz zu haben. ‚Er war beteiligt an den Dioxinfass-Schiebereien quer durch Europa. Illegale Lauschangriffe, gezinkte Reisekostenabrechnungen und vorgetäuschte Raubüberfälle gehörten zum Repertoire von Werner Mauss alias Richard Nelson alias Heinz Franke alias Siegfried Schwarz alias Doktor Lange. Leider hatte er jüngst einen leichten Karriereknick: Er wurde steckbrieflich gesucht. Zudem kam jüngst ein Buch über ihn auf den Markt, dessen Erscheinen er vergeblich verhindern wollte. Titel: „Mauss – ein deutscher Agent.“
Nun hat sich im Lauf der Geschichte schon mancher Räuberhauptmann im Hunsrück versteckt – so auch unser Top-Agent Mauss. Der „Spiegel“ berichtete am 18. November 1985 über Mauss: „Der wohnte damals (1969) in Altstrimmig im Hunsrück. Als Grundstückseigentümer war er für die Borwiese 5 unter Richard Nelson im Grundbuch eingetragen – eine amtlich abgeschirmte Täuschung; Juristen nennen das mittelbare Falschbeurkundung.“ Für 250 DM monatlich durfte der deutsche James Bond-Verschnitt den benachbarten Landeplatz des Möbelfabrikanten Theisen benutzen. Bald darauf kauften sich Mauss und Theissen gemeinsam eine Cessna. „Am aufwendigen Lebensstil des Nachbarn war abzulesen, dass er immer besser ins Geschäft kam – mit wem auch immer. Von einem Flugplatzleiter hörte Frau Theisen einmal, beim Betanken der Cessna seien massenweise Geldscheine im Kofferraum zu sehen gewesen. Auch sei das Anwesen, so bekam sie zugetragen, nicht von Mauss alias Nelson bezahlt worden, sondern von Pullach, dem Sitz des BND (Bundesnachrichtendienst).“
Ohne sich zunächst große Theorien zurechtzulegen, spazierten einige Friedensfreunde durch Altstrimmig. Da der Fall Mauss gerade wieder über alle Sender lief, fiel ihnen die alte Geschichte von dem Agentenunterschlupf ein.
Sie suchten das Haus, und fanden es schnell. Ein Erinnerungsfoto sollte jedoch Folgen haben.
Wochen später erhielt einer der Spaziergänger, Reinhard Sczech, einen Brief von einem Rechtsanwaltsbüro (siehe Kasten). Eine „Firma Nolilane N.V.“ ließ als „Eigentümerin des Grundbesitzes in Altstrimmig“ eine Veröffentlichung des Fotos im HUNSRÜCKFORUM untersagen. Das hatte Reinhard Sczech zunächst auch gar nicht vor – aber jetzt begann die Sache, interessant zu werden.
Woher weiß die Firma Nolilane N.V., wer fotografiert hat? Wie zu erfahren war, sei der Fotograf auf Videoband festgehalten. So weit, so gut. Da er aber kein Namensschild getragen hat, muss er mit irgendwelchen Fahndungsmethoden ermittelt worden sein. Sollte das Autokennzeichen dabei geholfen haben? Aber beim Straßenverkehrsamt erfährt man nicht ohne Weiteres, wem welches Auto gehört. Doch nicht nur den Autobesitzer fand man heraus. Über Reinhard Sczech wusste man noch, dass er beim HUNSRÜCK-FORUM mitarbeitet. Woher? Stand vielleicht eine kleine Datei parat, die alle wichtigen Angaben enthielt? Es soll ja eine sogenannte PIOS-Datei geben. Hat hier jemand für private Zwecke den kurzen Dienstweg zum Landeskriminalamt genutzt?
Reinhard Sczech wird untersagt, das Foto im HUNSRÜCK-FORUM zu veröffentlichen. Nun – normalerweise wäre der Schuppen ja auch nicht abbildenswert. Aber wenn das so ist: Das wollen wir doch mal ausprobieren! Es gibt nach dem Kunsturhebergesetz zwar ein Recht am persönlichen Bild, nicht jedoch ein Recht am Bild von irgendwelchen Gegenständen. Und wenn schon jemandes Recht am Bild verletzt wurde, dann das von Reinhard Sczech, denn er ist ja schließlich von der Videokamera aufgenommen und mit ihrer Hilfe „identifiziert“ worden.
Jetzt wird die Geschichte spannend. Doch leider müssen wir hier wegen des Redaktionsschlusses abbrechen. Mehr über den neuesten Agententhriller im Land der tausend Berge und Bunker im nächsten HUNSRÜCK-FORUM.
mehr:
1 von 5: Panama Papers + Privatagent Mauss
2 von 5: Mauss-Höhle, Hunsrück-Forum 1991 (noch) unzensiert
3 von 5: Mauss-Loch in Altstrimmig, Hunsrück-Forum 1988
4 von 5: Hintergrundinformationen
5 von 5: CDU in der Mauss-Falle
+++ streng geheim +++