Im Juni 2016 staunte ich nicht schlecht. Werner Mauss tauchte durch Berichte der Süddeutsche Zeitung in Verbindungen zu Briefkastenfirmen in Panama wieder in meiner Erinnerung auf.
Dann der Knaller: Münchner Anwälte forderten mit Vollmacht von Werner Mauss ultimativ bis zum 28.6.2016 die Zensur eines Artikels im HUNSRÜCK-FORUM, Heft 45, vom August 1991. Nach 25 Jahren!
Warum nach 25 Jahren?
Langsam wird klar, bei Mauss geht es um sehr viel Geld, er spürt den heißen Atem der Steuerfahnder und einer unerschrockenen Presse direkt im Nacken.
Der Geheimagent Werner Mauss soll 15 247 981 Euro Steuern hinterzogen haben.
Die Steuerbehörden sind überzeugt, dass Mauss zur Täuschung ein „großes Lügengebäude aufgebaut“ hat.
Seine Verteidiger behaupten, der Vatikan sei in den Fall involviert und Mauss nur Treuhänder.
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Kurz vor Weihnachten 2012 suchte ein Großaufgebot der Ermittler das Domizil von Mauss in Altstrimmig auf. Die Hausdurchsuchung war wegen der aufwendigen Liegenschaft etwas kompliziert; die Ermittler machten auch Luftaufnahmen von dem weitläufigen Anwesen. Allein die Reithalle hat ausweislich eines Gutachtens rund vier Millionen Euro gekostet. In der Garage standen zwei Ferraris und ein Daimler. Die Wagen waren nicht auf Mauss/Möllner/Nelson, sondern auf andere Namen zugelassen. Luxuskarossen für streng dienstliche Aufträge.
FAZ: „Der Name des Geheimagenten stand nach Angaben des „Handelsblatts“ auf einer Daten-CD, die das Land Nordrhein-Westfalen im Jahr 2012 für 3,5 Millionen Euro von einem Whistleblower der Schweizer Bank UBS angekauft hatte. Der 76 Jahre alte Agent soll ein nicht beim Finanzamt deklariertes Konto bei der Luxemburger UBS-Tochter geführt haben.“
Zwischen den beiden Hunsrück-Ortschaften Bell und Hasselbach sollen bis Ende 1986 die Voraussetzungen zur Stationierung der 96 für die Bundesrepublik vorgesehenen Cruise Missiles geschaffen werden.
Der Bevölkerung wird von offizieller Seite jegliche Auskunft über Sinn und Zweck der größten Baumaßnahme im Hunsrück seit dem 2. Weltkrieg verweigert.
Nach Auskunft des SPD Bundestagsabgeordneten Günter Leonhart wird selbst der Sicherheitsausschuss des deutschen Bundestages in keiner Weise unterrichtet.
Seit Mitte 1983 ist die Geheimhaltungspolitik allerdings mehr als lächerlich. Auf Seite 609 eines in den USA frei zugänglichen Berichtes des Repräsentantenhauses (Nr. H.R. 1816) ist der Ort Wüschheim als Operationsbasis für Cruise Missiles genannt. Der US-Bürokratie war beim sonst üblichen löschen aller Ortsnamen ein Fehler unterlaufen.
Am 8. Februar 1984 wird in der Hunsrücker Zeitung ein offener Brief von 171 Beller Bürgern an den Bürgermeister und die Ortsvorsteher der Großgemeinde veröffentlicht. Auszüge:
Seit in einem Teil der Beller und Hasselbacher Gemarkung erste Maßnahmen unternommen worden sind, die der Vorbereitung und Stationierung von Marschflugkörpern auf dem Gelände der B-Battery (Deckname: PYDNA) und des Truppenübungsplatzes dienen, ist die Bevölkerung tief beunruhigt. Der neue Stationierungsort wird ca. 70 ha Land umfassen, unser ohnehin in seinem Bestand bedrohter Wald wird weiter zurückgehen.
Der Straßenbau und – dadurch bedingt – die Verkehrsdichte werden ungeheuer zunehmen und den Hunsrück auf Jahre hinaus in eine Großbaustelle verwandeln. Das Leben in unseren Dörfern und die Beziehungen der Menschen untereinander werden sich ändern.
Es hat nichts mit Antiamerikanismus zu tun, wenn wir auch an dieser Stelle riesige Probleme auf uns zukommen sehen. Im Ernstfall werden wir Zielgebiet Nummer Eins sein.
Aus diesen vielfältigen Sorgen heraus fordern wir Sie als unsere gewählten Vertreter auf, unser aller Interesse mutig zu vertreten. Es ist Ihre Pflicht dieses Thema so schnell wie möglich und ausführlich im Gemeinderat zu behandeln und umgehend tätig zu werden, um Schaden von uns allen abzuwenden.
Die Gemeinderäte sind tätig geworden. Das Bundesbaugesetz räumt den betroffenen Gemeinden lediglich ein Anhörungsrecht ein. Am 20. März 1984 fand eine solche Anhörung in Hasselbach und zwei Tage später in Bell statt. Für den zuständigen Minister Dr. Carl Wagner normalerweise eine Routinesache. Doch diesmal wurden NATO-Baumaßnahmen von beiden Gemeinderäten einstimmig abgelehnt! Im Hunsrück hatte man aufgehört Militäranlagen widerspruchslos hinzunehmen oder gar als Arbeitsplatzbeschaffung zu bejubeln.
Nach § 37 des Bundesbaugesetzes ging nun die Entscheidungsbefugnis auf Verteidigungsminister Manfred Wörner über. Wörner wies bereits am 13. April den Einspruch der Gemeinden zurück – doch die Mitteilung darüber brauchte vier Monate um aus dem krisengeschüttelten Verteidigungsministerium in den fernen Hunsrück zu gelangen.
Immerhin: der Baubeginn wurde verzögert. Mit so viel Aufmüpfigkeit hatte man nicht gerechnet. Zusätzlich wurden aufwendige, vorher nicht geplante Sicherheitsmaßnahmen notwendig. Denn mitten in dem sonst so braven Hunsrück wird vor, neben und sogar auf dem geplanten Raketengelände demonstriert. Die örtliche Polizei wurde massiv verstärkt – bei Ostermärschen wurden bis zu 500 Bereitschaftspolizisten zusätzlich eingesetzt.
Der ursprünglich geplante Fertigstellungstermin für PYDNA ist nicht mehr zu halten. Die Amerikaner drängten, nachdem sie die Situation verärgert erkannt hatten, auf eine Zwischenlösung. Die Lafetten zum Transport und Abschuss der Cruise Missiles sollen nun im Bundeswehr Depot bei Kappel zwischengelagert werden. Dort sind die notwendigen baulichen und organisatorischen Maßnahmen inzwischen durchgeführt worden. Die eigentlichen Raketen sollen vorerst im US-Luftwaffenstützpunkt Hahn stationiert werden – wo die Möglichkeit zur Lagerung atomarer Sprengköpfe besteht.
Die Firma BUDAU aus Idar-Oberstein baut für ca. 40 Millionen DM die 6 Bunkereinheiten bei Bell/Hasselbach. (Tarnnahmen: GAMA) Fertigstellungstermin ist der 31.12.1986. Für jeden Tag um den dieser Termin überzogen wird sind 40 000,- DM Strafe zu zahlen.
Anfang 1987 beginnt die offizielle Stationierung wenn alles nach den Plänen der Rüstungsbürokraten verläuft.
Es ist kaum zu glauben: eine genaue Beschreibung für den Einsatz der PERSHING II Raketen wurden im schwäbischen Dorf Schechingen in einem Müllcontainer gefunden. Durch diesen Skandal wurde bekannt, wie mit Atomraketen in Friedenszeiten in der Bundesrepublik geübt wird. Da der Einsatz der Pershing II Rakete in vielen grundsätzlichen Betrachtungen mit der Cruise Missile verglichen werden kann, lassen sich aus dem 230 Seiten dicken Handbuch die folgenden Schlussfolgerungen ziehen:
Etwa 24 der 96 bei Hasselbach stationierten Cruise Missiles werden 24 Stunden täglich gefechtsbereit sein. (Quick Reaction Alert – QRA) Das bedeutet konkret:
Sie befinden sich außerhalb der B-Battery auf befestigten Abschussstellenstellen (mit Starkstromanschluss) im Hunsrück.
Dabei sind die Atomsprengköpfe installiert
Die Zieleingabe wird vorgenommen.
Die Raketen stehen in Alarmbereitschaft, d.h. es besteht ein ständiger Kontakt zur übergeordneten Einsatzzentrale um im Ernstfall sofort schießen zu können.
Die restlichen 72 Cruise Missiles sind in drei verschiedenen Garnisonsbereitschafts – Stufen unterteilt. (Garnison Alert Status – GARS I, II oder III) Hierbei finden ständige Manöver statt.
Es gibt Einsatzbefehle für den Notfall im Kriegszustand. D.h. glaubt die Brigade den Kontakt zur Zentrale verloren zu haben, kann sie ohne Freigabe durch den Präsidenten Raketen abfeuern.